Das Vormittagsprogramm beginnt häufig mit der aktuellen Tageszeitung. DRK-Mitarbeiterin Silvia Waldvogel ist stets gut vorbereitet und spricht mit den Tagesgästen über von ihr ausgewählte Themen. Sie liest einzelne Passagen aus der Zeitung vor, erklärt dazu aber auch viel mit eigenen Worten und fragt die Tagesgäste nach ihren Meinungen dazu. Diesmal geht es zunächst um die geplante Erschließung des Rosensteinquartiers nördlich des Stuttgarter Hauptbahnhofs. Wo sich gerade noch Gleisanlagen befinden, könnten Wohnungen für 10.000 Menschen entstehen.
Anschließend spricht Silvia Waldvogel mit den älteren Menschen über die Folgen der Klimaerwärmung und was dagegen getan werden könnte. Diskutiert wird danach über die Abschaffung des Bargelds zugunsten des digitalen Euros. „Wo ist der Nutzen für digitales Geld?“ fragt ein Mann. Und Silvia Waldvogel gibt zu bedenken, dass nicht jeder ältere Mensch ein Handy besitze, um damit zu bezahlen. „Und was machen dann die Bettler?“ fragt ein anderer Tagesgast.
Ein allseits beliebtes Thema ist das Wetter. Alle hoffen auf warme Temperaturen in den nächsten Tagen. Dann erzählt die DRK-Mitarbeiterin, dass künftig Vermissten-Fotos auf Smoothies-Flaschen abgedruckt werden können, die in Supermärkten verkauft werden. „Was sind Smoothies?“ fragt sie. Niemand in der Runde weiß es. Also erklärt sie es selbst. „Und was ist ein E-Scooter?“ Diesmal bekommt sie die richtige Antwort.
Gesprochen wird noch über ein Lawinenunglück in Nepal, einen eingestürzten Turm in Rom und einen Mann, der in Kernen im Remstal im Alter von 110 Jahren verstorben ist. Er hatte sich noch mit 99 um die Reben eines Weinbergs gekümmert. Alle zeigen sich beeindruckt.
DRK-Tagespflege-Mitarbeiterin Carmen Rex übernimmt nun die Moderation. Mit der Gitarre begleitet sie Lieder, die gemeinsam gesungen werden. Danach befolgen alle ihre Anweisungen für eine Gymnastik im Sitzen für Arme und Beine. Im Anschluss verteilt Carmen Rex Wasser an alle. Nachdem alle getrunken haben, stellt die Leiterin eine Musikbox in der Mitte des Sitzkreises auf. Zu schwungvollen Liedern wird mit gemeinsamen Bewegungen im Sitzen getanzt: mit Klatschen und dem Einsatz von Armen und Füßen. Die Seniorinnen und Senioren wissen schon genau, was an welcher Stelle der Lieder gefragt ist. Begeistert machen sie mit bei „Liebe kleine Schaffnerin“ sowie „Marmor, Stein und Eisen bricht“ und dem „Fliegerlied“. Die Tagesgäste haben sichtlich Spaß. Überall ist ein Lächeln auf den Gesichtern zu sehen.
Als Nächstes teilt Carmen Rex Schlagzeugstöcke in der Runde aus. In dem von ihr vorgegebenen Rhythmus klopfen die Tagesgäste mit den Stöcken wechselweise gegen den Stuhl und mit den zwei Stöcken aneinander. In einer zweiten Runde begleiten sie mit den Stöcken ein Musikstück. Eine Frau stellt fest: „Das war anstrengend.“ Die Frage, ob es Spaß gemacht hat, beantworten aber alle mit einem lauten „Ja“.
Weiter geht es mit „unserem Gute-Laune-Lied“, so Carmen Rex. „Hast du gute Laune, klatsche in die Hand“, tönt es aus dem Lautsprecher der Musikbox. Die Seniorinnen und Senioren singen, klatschen und stampfen begeistert mit und bewegen ihre Arme in wechselnde Richtungen. Zum Abschluss des Vormittagsprogramms gibt es noch Entspannungsübungen.
Die DRK-Mitarbeiterinnen begleiten die Tagesgäste im Anschluss zum Mittagessen und helfen auch beim Essen, wenn nötig. Die Mittagspause bis zum Kaffeetrinken um 14:00 Uhr dürfen die Tagesgäste so gestalten, wie sie es selbst gerne möchten. Ein Mann nutzt die Zeit zum ausgiebigen Spaziergang durch die riesige eingezäunte Gartenanlage des Pflegezentrums. Ein anderer Tagesgast liest gerne in der Tageszeitung und legt sich dann in eines der Betten im Ruheraum zum Mittagsschlaf. Auch auf der Couch ausruhen, lesen oder fernsehen sind mögliche Optionen. „Manchmal spielen wir auch etwas zusammen“, erzählt Carmen Rex.
Nach Kaffee und Kuchen startet dann das nachmittägliche Aktivierungsprogramm, bis ab 15:30 Uhr die ersten Tagesgäste wieder zur Heimfahrt abgeholt werden. In dieser Woche wird am Montag gemeinsam „Galgenmännchen“ gespielt. Bei dem Wortratespiel wählt der Spielleiter ein Wort aus und die Tagesgäste müssen die Buchstaben erraten, die in diesem Wort vorkommen. Für falsch geratene Buchstaben wird ein Teil des Galgens gezeichnet. Ziel ist es, das Wort zu erraten, bevor das vollständige Männchen gezeichnet wurde.
Am Dienstag wird im Sitzen ein Dartspiel mit haftenden Bällen gespielt, während am Mittwoch gemeinsames Singen auf dem Nachmittagsprogramm steht. Am Donnerstag ist das Spiel „Würfelpyramide“ dran. Die Zahlen 1 bis 6 werden als Pyramide aufgezeichnet mit einer Eins und sechsmal der Sechs. Die Tagesgäste würfeln dann nacheinander die Pyramide ab. Ist eine Zahl nicht mehr da, gibt es für jede Zahl eine Kategorie, zum Beispiel Musik oder Rätsel, und es müssen Fragen beantwortet werden. Besonders beliebt ist „Bingo“, das am Freitagmittag gespielt wird.
Beim Spiel „Wörter mit“ wird ein Buchstabe gelost und die Tagesgäste müssen möglichst viele Wörter finden, die mit diesem Buchstaben beginnen.
„Der Plan ändert sich jede Woche“, sagt Carmen Rex. Gesungen wird einmal wöchentlich, allerdings an wechselnden Tagen. Schließlich sind nicht alle Tagesgäste an jedem Wochentag da.
Am Freitagvormittag ist Zeit für die Kreativ-Werkstatt. Dann kommt immer eine Kunsttherapeutin in die Einrichtung und malt oder bastelt mit den Tagesgästen. Dabei ist schon viel Dekoratives entstanden, was den Raum verschönert, zum Beispiel ein aus einem alten Buch gefalteter Igel.
Es wird aber nicht nur kreativ gebastelt, sondern auch einmal pro Woche gemeinsam gekocht und gebacken. Aktuell stehen Weihnachtsplätzchen hoch im Kurs. Es gab aber auch schon eine selbst gemachte Kürbissuppe, eine Apfelwoche mit Apfelmus, Apfelsaft und Apfelkuchen sowie selbst gestaltete Lebkuchen, wobei der Teig von den Tagesgästen selbst gebacken und verziert wurde. Auch ein Kinonachmittag mit Popcorn im großen Raum stand schon auf dem Programm.
Angedacht sind für die Zukunft verschiedene Ausflüge: ins Museum, in den Zirkus, zur Alpakafarm und auf den Markt. „Wir waren schon mal auf dem Markt zum Eis und Brezel essen und Gemüse kaufen“, erzählt Carmen Rex. Auch einen Ausflug in den Zirkus und am frühen Nachmittag zum Cannstatter Wasen hat es schon gegeben. Dort wurde gemeinsam gegessen.
INFO: Tagespflege in Sindelfingen
Schon seit der Eröffnung des DRK-Pflegezentrums in Sindelfingen im Jahr 1997 gibt es im Haus separate Räume für die Tagespflege, welche die Pflege im eigenen Zuhause ergänzen soll. Maximal zwölf Tagesgäste können im Pflegezentrum gleichzeitig betreut werden. Aktuell gibt es freie Plätze, da mehrere ehemalige Tagesgäste einen festen Platz im Pflegeheim in Anspruch genommen haben, zumal sie nicht mehr allein zu Hause leben konnten. Durch die Tagespflege werden pflegende Angehörige – zum Beispiel Kinder oder Ehepartner – tagsüber entlastet. Die Pflegebedürftigen können bei der Tagespflege soziale Kontakte knüpfen, am sozialen Leben teilhaben und die eigenen Fähigkeiten deutlich länger erhalten oder verbessern. Sie werden lückenlos betreut in der Zeit von 08:30 bis 15:30 Uhr von Montag bis Freitag. Die Tagespflege kann von einem Wochentag pro Woche bis zu fünf Tagen gebucht werden. Zuvor ist ein „Schnuppertag“ möglich.
Heimleiter Michael Hans legt Wert auf den regelmäßigen Austausch mit den Angehörigen. „In den Gesprächen teilen wir mit, wenn uns Dinge auffallen. Zudem wollen wir wissen, ob alles in Ordnung ist.“
Die Pflegekassen übernehmen einen großen Anteil der Tagespflege-Kosten des Gastes. Die Gäste werden mit einem eigenen Bus des DRK am Morgen zuhause abgeholt und am Nachmittag wieder nach Hause gebracht. Der Einzugsbereich umfasst Böblingen und Sindelfingen mit allen Teilorten sowie Magstadt.
„Auch wenn ein Heimplatz gesucht wird und gerade nicht verfügbar ist, bietet sich die Tagespflege als Zwischenlösung an“, sagt Michael Hans.
Beide Tagespflege-Angebote der DRK-Altenpflegeheime gGmbH im Landkreis Böblingen – in Sindelfingen und in Holzgerlingen – wurden in diesem Jahr einer Qualitätskontrolle durch das unabhängige Institut für Qualitätskennzeichnung von sozialen Dienstleistungen (IQD) unterzogen. Für beide Tagespflegen gab es dabei Zertifikate mit Bestnoten. 100 Prozent der Tagespflege-Nutzenden haben die Aussagen „Insgesamt gesehen fühle ich mich hier wohl“ und „Die Mitarbeitenden nehmen sich Zeit für mich“ sowie „Wenn ich einen Wunsch äußere, versucht man darauf einzugehen“ bejaht. Mit dem Essen sind ebenfalls alle zufrieden.
-LCS-




